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  • Porträt: Marianne Penn im Gespräch.

Integration? So geht das!

Marianne Penn hat mit anderen Ehrenamtlichen im oberbayerischen Trostberg eine Schule speziell für Flüchtlinge gegründet. Neben Deutsch stehen weitere wichtige Fächer auf dem Stundenplan.

 

Das Interview wurde im Jahr 2016 geführt.

Marianne Penn, Jahrgang 1957, heilpädagogische Förderlehrerin, Stadt- und Kreisrätin in Trostberg, sprüht vor Energie. Sie strahlt und sprudelt. Ihre Mission: helfen da, wo Hilfe gebraucht wird. Ihre Vision: gelungene Integration in Bayern. Mit anderen engagierten Ehrenamtlichen hat Marianne Penn im Herbst 2015 eine Brückenschule für junge erwachsene Flüchtlinge aus dem Boden gestampft. In zwei ausgedienten Schulcontainern der Realschule Trostberg im oberbayerischen Landkreis Traunstein unterrichten 48 ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer rund 70 Flüchtlinge.

Bildung vermitteln, Brücken bauen

Mit Ranzen und Radl kommen die Burschen jeden Tag aus Trostberg und den umliegenden Gemeinden in die Brückenschule. Für die Flüchtlinge leistet das Vorzeigeprojekt viel mehr, als nur Bildung zu vermitteln und die Zeit bis zum ersten richtigen Job zu überbrücken. Die Brückenschule baut Brücken, buchstäblich. Brücken zwischen Schülern und Lehrern, zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, zwischen der bayerischen und anderen Kulturen. Integration? So geht das!

Ein Klassenzimmer der Brückenschule.
Die Trostberger Brückenschule besuchen Flüchtlinge, die zu alt für eine Regelschule sind.
Porträt: Marianne Penn.
Marianne Penn ist heilpädagogische Förderlehrerin und hat die Brückenschule Trostberg mit gegründet.
Frau Penn, warum haben Sie die Brückenschule gegründet?

2015 kamen sehr schnell sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland und Bayern. Für diese vielen Menschen gab es zunächst nicht sofort genügend Deutschkurse. Diese Lücke haben wir gefüllt. Wir wollten nicht, dass die jungen Leute durch Warten und Nichtstun demotiviert werden.

Wer unterrichtet die Flüchtlinge in der Brückenschule?

Jeder Kurs wird von mindestens einem richtigen Lehrer und weiteren Helfern unterrichtet – ehrenamtlich, versteht sich. Die Lehrerinnen und Lehrer machen das in ihrer Freizeit, einige sind schon pensioniert. Außerdem haben wir einen evangelischen und einen katholischen Pfarrer im Team. Sie unterrichten die jungen Leute in Ethik und bringen ihnen  wichtige Werte und Normen bei, nach denen das Leben in Bayern funktioniert.

Deutsch und Ethik. Welche Fächer stehen noch auf dem Lehrplan?

Wir unterrichten auch Mathematik, Heimat- und Sachkunde, Sozialkunde, Erdkunde – eigentlich die ganze Palette. Auch einen Computerkurs bieten wir an. Wir wollen unsere Schüler langfristig auf einen Abschluss vorbereiten und fit für den Arbeitsmarkt machen.

„Wir haben ein solches Glück, in Deutschland geboren worden zu sein, noch dazu im schönen Bayern. Jetzt ist die Zeit zu teilen.“
Die Schüler kommen aus aller Herren Länder und haben ganz unterschiedliche Vorkenntnisse. Macht das den Unterricht nicht sehr schwierig?

Das stimmt, der Bildungshintergrund ist extrem unterschiedlich. Vom Analphabeten bis zum Abiturienten ist alles vertreten. Das ist freilich eine Riesenaufgabe, aber alle machen tolle Fortschritte.

 

Ihre Schüler sind erwachsene Männer. Fällt es ihnen nicht schwer, noch mal die Schulbank zu drücken?

Natürlich ist das eine Umstellung, vor allem für diejenigen, die im Heimatland keine Schule besuchen konnten. Aber unsere jungen Männer wissen, wie wichtig Deutsch lernen für sie ist. Sie wollen  arbeiten und auf eigenen Beinen stehen.

2016 haben Sie mit der Trostberger Brückenschule den „Bayerischen Innovationspreis Ehrenamt“ gewonnen. Spornt Sie das noch stärker an?

Wir freuen uns natürlich über diese schöne Auszeichnung. Aber was uns wirklich anspornt, ist die Arbeit mit den Menschen. Alle sind mit ganz viel Spaß bei der Sache. Die Gemeinschaft zwischen unseren Flüchtlingen und den Einheimischen entwickelt sich permanent weiter. Gemeinsam können wir so viel bewegen.

Das Wort „Flüchtlingskrise“ kommt Ihnen nicht über die Lippen. Sie sprechen von „Herausforderung“. Warum helfen Sie ganz persönlich?

Ich sehe den Flüchtlingszugang nach Deutschland als die Herausforderung unserer Zeit. Wir haben ein solches Glück, in Deutschland geboren worden zu sein, noch dazu im schönen Bayern. Für meine Generation ging es doch immer bergauf! Wir haben keinen Krieg erlebt, keine Armut. Jetzt ist die Zeit, zu teilen.

Unterrichtssituation: Marianne Penn und ein Schüler stehen an der Tafel.

Marianne Penn und andere ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer unterrichten an der Trostberger Brückenschule. Einige Schülerinnen und Schüler haben in ihrer Heimat kaum Schulbildung genossen.

Unterrichtssituation: Schüler lernt im Computerraum in der Brückenschule.

Dank einer Spende verfügt die Brückenschule über einen Computerraum.

Unterrichtssituation: junge Migrantinnen und Migranten in einem Klassenzimmer.

Deutschstunde in der Brückenschule: Die Schüler lernen auch praktische Dinge, z. B. wie man einen Brief richtig adressiert.

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